Reiseabbruch in Portugal wegen Corona-Krise – Meine Erfahrungen

Reiseabbruch in Portugal wegen Corona-Krise – Meine Erfahrungen

  • Lesedauer:8 min Lesezeit


Im Oktober 2019 brach ich mit Elli, meinem Van, nach Südeuropa auf. Es sollte eine Art Sommerverlängerung über die Wintermonate werden. Durch Frankreich geradeaus herunter bis zum Mittelmeer, weiter durch Spanien bis nach Portugal, immer die Küste entlang und über Nordspanien zurück nach Deutschland – das war der Plan bis die Corona-Krise kam.
Meine Erfahrungen über die Rückfahrt von Portugal schildere ich in diesem Beitrag.

Reisen mit Backpack oder Campervan? Hier geht’s zum Vergleich.

Reiseabbruch Corona-Krise Portugal
Die Route. Zur Erklärung: An den grünen Markierungen verbrachte ich die Nacht, an den roten habe ich Zeit verbracht, in welcher Form auch immer.


Ich verbrachte 1,5 Monate in Frankreich und 3,5 Monate in Spanien und fuhr am Tag gemütlich etwa 25 Kilometer. Nach 5 Monaten habe ich es bis nach Sevilla geschafft. Mein Van Elli kommt gerade frisch zum 5. Mal während der Reise aus der Werkstatt. Jetzt ist aber alles Technische neu, so dass nichts mehr passieren kann! Hier hören wir – meine Freundin Katja ist gerade für 4 Wochen zu Besuch gekommen – das erste Mal in den Medien sowie von unseren Familien und Freunden vom Coronavirus. Einige Tage später werden wir das erste Mal mit den Konsequenzen des Virus konfrontiert: Eine Schlange vorm Supermarkt. Denn die portugiesische Regierung begrenzt die Personenzahl in Supermärkten je nach Ladenfläche. Einige Tage später im Aldi bekommt jeder Besucher vor dem Einlass Handschuhe.

Klippen Portugal
Einige Tage zuvor, als die Welt noch in Ordnung war: Katja und ich an den Klippen "Praia do Vale de Centeanes" in der Nähe von Carvoeiro


Auf unserem Weg nach Portugal treffen wir vermehrt Reisende, die deswegen zurück nach Hause fahren. Für mich steht fest, meine Reise fortzusetzen, immerhin sind die Infektionszahlen zu diesem Zeitpunkt in Portugal deutlich geringer als in Deutschland. Meine Freundin Katja kämpft auf der einen Seite mit ihrem Vorhaben, mit mir durch Portugal zu reisen, und auf der anderen Seite mit der großen Sorge ihrer Familie, ihren Flug in 3 Wochen nach Deutschland nicht mehr zu bekommen. Der Flug könnte nicht nur gecancelt werden, sondern die portugiesisch-spanische Grenze könnte ebenfalls zum Problem werden, um zu ihrem Abflughafen in Santiago de Compostela zu gelangen. In dieser Zeit beschäftigt sie sich intensiv mit den Möglichkeiten, frühzeitig zurück zu fliegen. Katja weiß, dass ich sie zu egal welchem Flughafen bringen werde.

Ist Flugkompensation sinnvoll? Hier gibt’s die Antwort.

Am 16.03.2020 kämpft unser Aufstelldach am Kap in Sagres, dem südwestlichsten Zipfel Portugals, mit dem portugiesischen Wind, so dass wir gezwungenermaßen ins Landesinnere fahren. Am nächsten Morgen kommen wir mit anderen Reisenden auf dem Parkplatz in Odeceixe, auf dem wir die Nacht verbringen, über die aktuelle Situation ins Gespräch. Auch sie wollen die Corona-Krise in Portugal aussitzen. Morgens gehen wir noch mit Tronja, dem Hund eines befreundeten Reisenden, eine Runde Gassi. Dann machen wir uns auf dem Weg Richtung Norden, unserer geplanten Route.

Gassi gehen Portugal
Eine Runde Gassi mit Tronja


Wir fahren durch zahlreiche verlassene Dörfer, die auf mich wie Geisterstädte wirken. In Portugal ist alles geschlossen, wir sehen keine Portugiesen, die Straßen sind ebenfalls leer. Plötzlich kommt mir das erste Mal ernsthaft der Gedanke in den Sinn, zurück zu fahren. Nein, nicht, weil ich Angst habe, mich mit dem Virus anzustecken. Reisen bedeutet für mich, Land und Leute und Kultur kennenzulernen. Das scheint jedoch im Moment nicht möglich zu sein, da die Straßen leer sind und kein öffentliches Leben mehr stattfindet. Ich berichte meiner Freundin von meiner Überlegung und wir entscheiden uns, die Reise abzubrechen und gemeinsam zurück nach Deutschland zu fahren. Somit machen wir an diesem Tag noch Strecke und schaffen es bis Alenquer, nördlich von Lissabon. Unterwegs kaufen wir ein letztes Mal für die Rückreise ein, da Freunde uns mitgeteilt haben, dass man in Frankreich nur noch Lebensmittel mit Lebensmittelgutscheinen kaufen könne.

Hier stelle ich dir meine 3 schönsten Orte in Frankreich vor.

Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, doch einen Fehler zu machen, fahren wir am nächsten Tag nochmal ans Meer die höchsten Wellen der Welt in Nazaré zu sehen. Zu den einigen wenigen BesucherInnen hier halten wir den empfohlenen Abstand von etwa 2 Metern. Das fühlt sich komisch an und bekräftigt doch wieder die Entscheidung der Heimreise.

Nazaré höchste Wellen
Hier in Nazaré soll es die höchsten Wellen der Welt geben. Als wir dort waren hielt sich das eher in Maßen.
In den darauf folgenden Tagen fahre ich insgesamt knapp 3.000 Kilometer. Eine Strecke, für die ich 5 Monate hin gebraucht habe, rase ich nun innerhalb von insgesamt 7 Tagen zurück. Wir bekommen mit, dass die portugiesische Regierung eine Ausgangssperre verhängt, 2 Tage nachdem wir das Land verlassen haben. Somit ist Reisen dort nicht mehr erlaubt und bekräftigt zum ersten Mal durch äußere Umstände meine Entscheidung, Heim zu fahren.

Ich fühle mich gestresst, wir sitzen von morgens bis abends im Wagen und fahren. Auch, weil viele andere Reisende, die zunächst die Zeit in Portugal aussitzen wollten, jetzt doch die Rückreise angetreten haben. Denn das Auswärtige Amt hat die Rückkehr nach Deutschland empfohlen. Die Essenspausen sind das Einzige, worauf ich mich freue, weil ich eine Weile nicht fahren muss! Nicht, dass ich nicht gerne fahre, aber mich nervt es, so lange und so weit zu fahren! Ich fühle mich wie auf der Flucht, lasse mich dann zum Glück von Freunden und Familie ausbremsen. Mit dem Gedanken, dass wir im Notfall zu Zweit sind, sollte man uns nicht über die Grenzen lassen, bin ich entspannter.
Da ich die Rückfahrt einfach schnell hinter mich bringen will und ich mit dem Kopf ganz woanders bin, gibt es auch kaum Fotos darüber. Was sind meine Pläne in Deutschland? Wohin fahre ich? Wann hole ich meine Sachen ab, die bei meinem Vater eingelagert sind? Worauf werde ich mich bewerben? Vor lauter Fahrerei habe ich keine Zeit, mir vernünftig Gedanken zu machen.

vanlife induktionskochfeld


Nachdem wir von belgischen Freunden hören, dass diese einen halben Tag vor der portugiesisch-spanischen Grenze warten mussten, stellen wir uns auf lange Wartezeiten ein. Letztlich lässt man uns nach etwa 15 Minuten und dem Ausfüllen eines Zettels, der uns erlaubt, das Land zu Zwecken der Heimfahrt zu durchfahren, weiterfahren. In Cavia in Nordspanien feiern die Menschen von ihren Balkonen aus das „Yo me queda en casa-Festival“ (Ich bleibe zu Hause-Feier) und danken auf diesem Wege den HelfeInnen der Corona-Krise. Nach einer Nacht in Spanien stehen wir bereits vor der spanisch-französischen Grenze. Es gibt ebenfalls einen Zettel der uns die Erlaubnis gibt, Frankreich zu passieren. Fix ausfüllen und weiter geht die Fahrt. Wir beobachten, dass man in Frankreich auch in Corona-Zeiten nicht auf sein Baguette verzichtet!

Nun müsste ich entspannter sein, da man uns an der deutschen Grenze reinwinken würde. Aber tatsächlich zieht sich Frankreich wie ein Kaugummi, da das Land riesig ist. Ich will endlich zu Hause ankommen, da ich unbedingt eine Pause vom Fahren brauche. Plötzlich fällt mir ein hingehaltener Zettel aus dem Fenster eines Vans mit der Aufschrift „Gute Fahrt“ ins Auge. Ich freue mich riesig, dass ich nicht die Einzige bin, die zurück fährt und grüße freudig.

Gute Fahrt Rückreise
Auch wir möchten Andere aufmuntern, durchzuhalten! (Fotografiert von Katja)


Am 23.03.2020 stehen wir früh auf und schaffen es auch deutlich früher als sonst loszufahren. Bereits zur Mittagspause passieren wir die französisch-deutsche Grenze. Dabei fällt direkt auf, dass die deutschen Straßen voll sind, während in Portugal, Spanien und Frankreich kaum Verkehr herrschte. Dort sahen wir nur ein paar LKW’s und ganz wenige Autos. Weil die deutsche Autobahn so voll ist, kommen wir kaum voran. Doch die Motivation ist hoch, heute noch meine Freundin nach Süddeutschland zurückzubringen und selbst Heim zu fahren, da die letzte Nacht rattenkalt war. So lege ich an diesem Tag nochmal 650 km zurück. Ich bin so platt, dass ich es nicht einmal schaffe, bei meiner Freundin mit rein zu gehen, um eine Pause zu machen. Die letzten 3 Stunden Fahrt alleine ziehen sich nochmals wie ein Kaugummi. Aber Nicht-Fahren hilft ja auch nicht…! Kurz vor Sonnenuntergang komme ich dann zu Hause an – fix und fertig!

Nie hätte ich gedacht, dass meine Reise so schnell zuende sein kann! Innerlich habe ich nichtmal die Zeit gehabt, mich darauf vorzubereiten. Für Katja hat es mir am meisten leid getan, da sie nur eine Woche mit mir gereist und eine weitere mit mir zurück gefahren ist, während ich das Glück hatte, bereits 5 Monate zuvor gereist zu sein.
Die Reise durch Portugal wollen wir ein anderes Mal fortsetzen.

Ich freue mich, wenn du deine Gedanken über diesen Bericht in den Kommentaren teilst.

Corona Podcast Reiseabbruch

bewusstweg zu Gast im Podcast

Mehr Details zu meinem Reiseabbruch wegen der Corona-Pandemie berichte ich im Podcast von Weltenbummbla.

fb-share-icon

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Daniela Feickert

    Ach Mensch, so ein Mist, aber wer konnte damit rechnen, dass dieses verdammte Virus alles lahm legt. Ich hoffe du kannst deine tolle Reise möglichst bald fortsetzen, ich hätte Respekt davor allein zu reisen, deswegen Hut ab.

    Liebe Grüße
    Daniela

    1. Sonja

      Hallo Daniela,
      vielen Dank für deinen Kommentar.
      Ich hoffe, wir alle können in den nächsten Monaten wieder „normal“ Reisen, wie wir es gewohnt sind, oder noch bewusster als zuvor!
      Alleine verreisen ist etwas ganz Besonderes, um auch sich selbst besser kennenzulernen. Ich würde behaupten, wenn ich es kann, kannst du es auch 😉
      Liebe Grüße
      Sonja

Schreibe einen Kommentar