Reiseauszeit – Wie erleben Weltenbummler die Corona-Krise?

Reiseauszeit – Wie erleben Weltenbummler die Corona-Krise?

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Nachdem ich den Abbruch meiner Europareise wegen des Corona-Virus bereits schilderte, werfe ich hier einen Blick auf andere Reisende: Ein belgisches Paar mit Hund im Van, ein deutscher Vanlifer ebenfalls mit Hund sowie ein Italiener, der sich noch mit dem Fahrrad in Georgien aufhält.

Corona-Krise während der Reise

Nachdem das Auswärtige Amt eine weltweite Reisewarnung wegen Covid19 rausgegeben hatte, brach vermutlich die Mehrheit der Reisenden die Reise ab. So auch Simon und Nastasja von Sim&Nast_OnTheRoad, die ich auf meinem Roadtrip in der Nähe von Sevilla kennengelernt habe. Mit Hund Rosie im Van war für sie die vorzeitige Rückkehr nach Brüssel nur schwer zu akzeptieren. „Es war unser Plan für 5 Monate zu reisen“, verkündet Simon. Nicht nur wegen der besseren Krankenhausstandards in Belgien, sondern auch, weil sie sich Quarantäne in einem fremden Land in ihrem Van nicht vorstellen können, entscheidet sich das Paar, die Reise in Portugal abzubrechen. Zu Hause in Brüssel angekommen, sind die Zwei dankbar für die 1,5 Monate, die sie in Spanien und Portugal verbringen konnten. „Wir wandern gerne in den Bergen und entdecken die Natur. Ebenso erkunden wir gerne neue Städte, gehen mal ein Bier trinken, Tapas essen, das war auch ein Teil unserer Reise. Wir wollen aber nicht nur Zeit in der Natur verbringen“. Deshalb bereuen sie die Entscheidung nicht, die Reise abgebrochen zu haben.

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Aus Angst, durch eine mögliche Grenzschließung nicht bei Freunden und Familie sein zu können, ist Rapha, alias Reisenomade, mit seinem Hund Jacky innerhalb kürzester Zeit mit seinem Van von Frankreich zurück nach Deutschland gefahren. „Durch Frankreich durch, 1.100 Kilometer, mal kurz Querfeld ein durchgefahren, hauptsächlich halt über Mautstraßen, das war wirklich nur noch Kilometer abreißen“, berichtet Rapha über die Rückfahrt, und spricht in diesem Zusammenhang von einer „Hetzjagd“. „Und dann war da noch diese Frage: Was ist denn eigentlich zu Hause?“. Diese Frage ist inzwischen geklärt, denn für Rapha macht es keinen großen Unterschied, wo er in der „Pampa“ stehe. „Im Nachhinein, glaube ich, hätte ich auch in Spanien bleiben können“, so sein Fazit zu seinem Reiseabbruch. Rapha lernte ich ebenfalls on the road in der Nähe von Los Alcázares in Spanien kennen.

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Nicolò habe ich 2017 auf einer 3-tägigen Dschungelwanderung in Laos kennengelernt. 3 Monate später hat er mich in Frankfurt besucht. Nicolò, auf facebook und Instagram unter I sassi che rotolano zu finden, ist derzeit mit dem Fahrrad in Georgien Richtung Thailand unterwegs. So ganz konnte der Italiener nicht verstehen, wieso plötzlich alle Freunde wegen des Corona-Virus so schnell nach Hause aufgebrochen sind. „Ich wollte nicht aufgeben und es nicht bereuen, meine Fahrradreise abgebrochen zu haben“. Er entschied sich mit anderen Reisefreunden, abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln würde und nicht in Panik zu verfallen. Aktuell gebe es einige Flüge nach Italien, die aber sehr teuer seien. „Ich hoffe, ich kann im Mai nach Hause fliegen, wenn die Flüge günstiger sind“, so Nicolò.

Was machen die drei Reisenden aktuell?

Zu Hause versuchen Nastasja und Simon in derselben entspannten Reiselaune wie im Van zu bleiben. „Wir lesen Bücher, lassen es langsam angehen und schlafen so viel wir wollen“, berichtet Simon. Die Belgier überlegen, ihre Reise zeitnah wieder aufzunehmen. Simon vermutet, dass es aber noch eine Weile dauern werde, bis Reisen wieder wie vor der Corona-Pandemie sein werde. In der Zwischenzeit werden er und seine Freundin langsam aber sicher auf Jobsuche gehen. Simon überlegt, wie es weitergehen kann: „Ich denke über meine Zukunft nach, so wie ich es nach der Reise gemacht hätte, nur, dass es jetzt früher als erwartet ist, aber so ist es nun mal.“

Ganz anders sieht es bei Rapha aus, für den die vorzeitige Rückkehr keinen großen Unterschied mache, einzig „dass wir uns jetzt halt nicht so oft fortbewegen, wie wir das eigentlich tun wollten“. Rapha arbeitet weiter von zu Hause (seinem Van) aus und geht in den Pausen mit Hund Jacky spazieren. Wenn die Ausgangsbeschränkungen gelockert werden, „werden wir wahrscheinlich innerhalb (unseres Bundeslandes) so ein paar kleine Standorte abfahren“.

In Georgien könne Nicolò im Vergleich zu italienischen Verhältnissen wenigstens raus gehen, auch wenn bis auf Supermärkte und Apotheken alles geschlossen sei. „Wir wachen sehr spät auf, um die Mittagszeit, ich arbeite an meinen Fotos und Videos und gucke Netflix“. Wenn er der Corona-Krise etwas Positives abgewinnen kann, gesteht Nicolò, „ist es, dass ich momentan an all den Dingen arbeiten kann, die ich in einer normalen Situation nicht machen würde“.

Was ist aus ihren Reiseplänen geworden?

„Unsere Reisepläne sind unterbrochen“, berichtet Simon, „und vermutlich auch erst einmal abgebrochen“. Die Reise wollen die Belgier jedoch wieder aufnehmen, in einigen Monaten oder wenigen Jahren, teilt Simon entschlossen mit. Da sie bereits 1,5 Monate on the road waren, haben sie nun genug Zeit, Dinge am Van zu verändern, die ihnen nicht so gut gefallen haben. Simon hat bereits Vorstellungen: „Wenn wir dann zum Beispiel Kinder haben werden, können wir den Wagen ein bisschen verändern“. Reisen werde dann anders schön sein, vermutet Simon.

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Nomade Rapha hat sich damit angefreundet, die nächsten Monate in Deutschland zu bleiben. Im August möchte er zu Bekannten auf einen Campingplatz in Lappland hochfahren, im November wieder nach Südfrankreich und auf Kreta oder Zypern überwintern. Dass er sehr umfangreiche Reisepläne hat, ist ihm durchaus bewusst: „Ob das jetzt klappt, (…) hängt echt davon ab, wann Grenzen wieder geöffnet werden und inwiefern sich ein Europa, wie wir es kennen, einfach wieder normalisiert“.

Auch wenn momentan alles Kopf stehe, hofft Nicolò, seine Reise im Oktober mit dem Fahrrad fortsetzen zu können. „Nicht von Georgien nach Thailand, sondern andersrum“, verrät der Radfahrer. Er weist darauf hin, dass derzeit einige Menschen diejenigen verurteilen, die trotz Ausgangssperre raus gehen. „Selbstverständlich müssen wir andere Menschen respektieren, jede/r hat andere Gründe raus zu gehen, die wir aber nicht kennen. Wir müssen aufhören, andere Menschen zu verurteilen, so sollte es auch außerhalb der Krise sein“.

Da die Situation in Italien sehr angespannt ist, stelle ich Nicolò noch zwei zusätzliche Fragen.
Nicolò, was hältst du bzw. deine Landsleute davon, dass in vielen europäischen Ländern, u.a. Deutschland, tausende Betten frei sind, während man in Italien am Limit ist?
„Es ist schon okay, ihr werdet die Betten ja wahrscheinlich selbst in den nächsten Tagen oder Wochen benötigen, da sich der Virus ja nach wie vor ausbreitet“.
Denkst du bzw. deine Landsleute, dass die EU Schuld ist an der aktuellen Lage in Italien? Hintergrund: Italien hat u.a. das Sozialsystem runter geschraubt, um die Schulden an die EU zurückzuzahlen.
„Ich würde sagen, dass wir weder Menschen noch Länder in Europa verurteilen. Der Virus ist etwas Neues für uns alle, niemand wusste damit umzugehen. Ich denke, die EU muss aus dieser Pandemie für die nächste Krise lernen, aber auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Ländern ermöglichen“.

Fazit: Reiseauszeit - Wie erleben Weltenbummler die Corona-Krise?

Ob Reiseabbruch wie bei Simon & Nastasja und Rapha oder noch immer vor Ort wie Nicolò, alle hier vorgestellten Weltenbummler wollen ihre Reisepläne früher oder später wieder aufnehmen. Da bleibt zu hoffen, dass wir die Verhältnisse für das Reisen wieder bekommen, die wir vor dem Ausbruch des Virus hatten.
Wie ist deine Einschätzung dazu? Deine Meinung interessiert mich. Nutze die Kommentar-Funktion.

Hinweis
Die Antworten von Simon und Nicolò habe ich aus dem Englischen für diesen Beitrag übersetzt.
Ich danke Simon und Nastasja, Rapha und Nicolò von Herzen für die Interviews.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Daniela Feickert

    Ja, dieser Virus hat viele Pläne kaputt gemacht, wobei er auch (wahrscheinlich nur einen einzigen) Vorteil hat, dass die Natur mal aufatmen kann, diese ganzen Hotspots auf der Welt werden aktuell nicht besucht und ich hoffe einfach, dass „nach Corona“ ein Umdenken erfolgt und man nicht gleich wieder in Richtung Massentourismus läuft…….

    Liebe Grüße
    Daniela

    1. Sonja

      Hallo Daniela,
      da hast du Recht, momentan kann man beobachten, dass die Natur sich Vieles zurückholt, was sehr schön ist. Und hoffentlich wird sich das Verhalten der Menschen ändern, so dass Mensch, Natur und Tier im Einklang miteinander leben.
      Viele liebe Grüße
      Sonja

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