Was bringt CO2-Kompensation beim Fliegen wirklich?

Was bringt CO2-Kompensation beim Fliegen wirklich?

  • Lesedauer:6 min Lesezeit
  • Beitrags-Kategorie:Nachhaltig Reisen

Den ökologischen Fußabdruck mit einer zusätzlichen Spende zum Flugpreis ausgleichen und das schlechte Gewissen beruhigen – Ist es tatsächlich so einfach? Was bringt Flugkompensation wirklich, wie funktioniert ein CO2-Ausgleich und welche Anbieter gibt es? Diesen Fragen gehe ich auf den Grund.

Warum einen Flug kompensieren?

Fliegen ist die klimaschädlichste Art der Fortbewegung. Etwa fünf Prozent des weltweiten Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes, kurz CO2, werden durch das Fliegen verursacht und verstärken damit unmittelbar die globale Erderwärmung.

Jede Tonne CO2, die eine Person in die Atmosphäre einbringt, lässt drei Quadratmeter Eis in der Arktis schmelzen. Beispielsweise von Frankfurt nach Barcelona werden für Hin- und Rückflug 0,55 Tonnen CO2 produziert. Das sind mehr als 1,5 Quadratmeter arktisches Eis, die für eine einzige Person geschmolzen sind.
Hauptverursacher dieser CO2-Emissionen sind die Industrieländer, denn 90 % der Weltbevölkerung sind noch nie geflogen.

Die Dringlichkeit für den Klimaschutz liegt auf der Hand. Aber was bringt Flugkompensation wirklich? Schauen wir uns zunächst an, wie das System funktioniert.

Wie funktioniert die Flugkompensation

Kompensation bedeutet, dass an anderer Stelle die Menge CO2 eingespart wird, die durch das Fliegen verbraucht wird. Es wird quasi eine Wiedergutmachung in Form einer Spende geleistet. Das durch einen Flug entstandene Treibhausgas wird dadurch kompensiert, dass Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern oder Aufforstungsprojekte im Regenwald finanziert werden.

Bei vielen Fluggesellschaften gibt es seit einiger Zeit bei der Buchung die Möglichkeit, den Flug über zertifizierte Kompensationsagenturen auszugleichen. Laut Umweltbundesamt wird jede zweite Kompensation direkt mitgebucht. Dieser Weg ist einerseits bequem für den Kunden, andererseits ist der Emissionswert auch präziser.

Kompensationsprojekte und Berechnung

Bisher werden weltweit nur etwa ein Prozent aller Flüge kompensiert. Das Geld fließt je nach Kompensationsagentur in Projekte, die zum Beispiel Windräder in der Türkei aufstellen und ans nationale Stromnetz anschließen und somit Kohlekraftwerke ersetzen. In Madagaskar werden Solarkocher günstig verkauft, was den Verbrauch von Brennholz für traditionelle Öfen reduziert.

Der Kompensationsbeitrag richtet sich in der Regel nach Kriterien wie Flugdistanz, Verbrauch und Sitzklasse. Die Berechnung für eine Tonne CO2 kann je nach Anbieter zwischen fünf und 23 Euro variieren. Unser Flug von Frankfurt nach Barcelona und zurück wird beim Anbeiter Atmosfair mit einem Kompensationsbeitrag von 13 € veranschlagt.

Wie sinnvoll ist Flugkompensation?

Klimafreundliches Handeln steht immer an erster Stelle, denn was bringt Flugkompensation, wenn nach wie vor übermäßig Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen? Eine Flugkompensation ist dann sinnvoll, wenn man eine Flugreise nicht vermeiden kann oder möchte. In diesem Fall sollte man den Flug wenigstens kompensieren, um den CO2-Anstieg zu verringern.

Ein Flugausgleich ist nur dann sinnvoll, wenn er nicht als Freifahrtschein für das Fliegen verstanden wird. Eine Kompensation kann nämlich lediglich weitere Umweltschäden an anderer Stelle minimieren, aber nicht die bereits freigesetzte CO2 aufheben.

Nichtsdestotrotz ist eine Spende in den Klimaschutz besser als gar keine Spende. Die beste Lösung ist natürlich, zu vermeiden, indem man gar nicht fliegt.

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Welche vertrauenswürdigen Anbieter gibt es?

Da einige Anbieter das das Geld dafür verwenden, Gehälter für MitarbeiterInnen aufzubessern, und nicht, um mehr CO₂ einzusparen, sollte man genau hinschauen, wem man sein Geld anvertraut.
Diese Arbeit habe ich dir abgenommen! Nach sorgfältiger Recherche kann ich vier Anbieter bedenkenlos empfehlen. Nachfolgende Anbieter setzen das Geld nachgewiesenermaßen für sinnvolle Projekte ein, sind gut organisiert und transparent.

Atmosfair

Atmosfair, gegründet 2005, entstand als Initiative des Verbands Forum Anders Reisen und der Organisation Germanwatch. Die gemeinnützige GmbH ist an der Entwicklung eigener Projekte sowohl mit Know-how als auch mit Kapital beteiligt. Die Schwerpunkte liegen auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Atmosfair erhält von Stiftung Warentest laufend Bestnoten für Transparenz, Verbraucherfreundlichkeit und Engagement. Generell schneidet Atmosfair bei nahezu allen Tests durchweg am besten ab.

Myclimate

Myclimate Deutschland, gegründet 2009, ist gemeinnützig und eine hundertprozentige Tochter der Schweizer Stiftung Myclimate. Diese kauft Zertifikate und beteiligt sich finanziell an Projekten. Die Schwerpunkte liegen auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Myclimate wird unter anderem vom Nachhaltigkeitsportal Utopia als besonders seriös gelobt.

Klima-Kollekte

Klima-Kollekte, gegründet 2011, ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die sich selbst „Kirchlicher Kompensationsfonds“ nennt. Klima-Kollekte wird unter anderem von der Evangelischen Kirche Deutschland, Brot für die Welt, Misereor und der Caritas getragen. Die Organisation unterstützt Projekte aus den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Klima-Kollekte wurde von Stiftung Warentest 2018 mit „sehr gut“ (Platz 2) bewertet.

Primaklima

Primaklima, 1991 gegründet, ist einer der ältesten Kompensationsanbieter. Primaklima beteiligt sich an der Entwicklung der CO2-Kompensationsprojekte mit eigenem Know-how. Der Verein unterstützt ausschließlich Projekte zum Thema Wald. Das Testurteil von Stiftung Warentest 2018 gelangt zu dem Ergebnis „sehr gut“ (Platz 3). Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Kritiker die Kompensation durch Aufforstung anzweifeln. Denn ein Baum entzieht der Atmosphäre nur solange CO2, wie er wächst. Ist er ausgewachsen, speichert er das CO2 zwar, gibt es aber wieder ab, wenn er stirbt.

Die einzelnen Projekte lassen sich auf der jeweiligen Homepage der Anbieter nachlesen.

Wie kann ich meine CO2-Bilanz neben dem Fliegen verbessern?

Tatsächlich verursachen die Emissionen durch das Fliegen weltweit nur etwa fünf Prozent der Gesamtemissionen, Tendenz jedoch stark steigend. Was bringt Flugkompensation, wenn wir den Blick nicht auf den gesamten ökologischen Fußabdruck richten?

Ein Drittel der Treibhausgase macht die Erzeugung von Strom und Wärme aus. Außerdem tragen Konsumgüter, Fleischkonsum und Autofahren einen großen Anteil bei. Bereits kleine Veränderungen verbessern unseren ökologischen Fußabdruck. Greife folglich beim Einkauf bevorzugt zu regionalen Produkten, fahre so oft es geht mit dem Fahrrad oder steige auf Ökostrom um.
Auf den Plattformen Brot für die Welt und dem Umweltbundesamt kannst du deine Klimabilanz ausrechnen und erfährst bei der Analyse, wie du deinen ökologischen Fußabdruck verringerst.

Das bringt Flugkompensation wirklich

Fliegen schadet dem Klima. Die beste Lösung zum Klimaschutz ist demnach das Fliegen zu vermeiden. Wenn man schon fliegt, dann gilt es Emissionen zu reduzieren. Auch wenn Kompensieren klimatechnisch die schlechteste Variante ist, ist eine Flugkompensation trotzdem dann sinnvoll, wenn sich ein Flug nicht vermeiden lässt.
Alternativen zu verreisen können Wandertouren, zum Beispiel Pilgern auf dem deutschen Jakobsweg, oder Radtouren sein.
Für weiter entfernte Ziele bevorzuge alternative Fortbewegungsmittel, da es oft gut ausgebaute Bahnstrecken mit zentralen Bahnhöfen sowie günstige Angebote von Fernreisebussen gibt. Inzwischen ist auch der Ausgleich von Zug- und Busreisen sowie Hotelaufenthalten möglich. Hier erfährst du, wieso du vor Ort eine Stadt zu Fuß erkunden solltest.
Im Notfall bringt dich auch das Auto auf einen unvergesslichen Roadtrip.

Die Spende kann im Übrigen ganz normal von der Steuer abgesetzt werden.

Wer sich näher in das Thema Flugkompensation einlesen möchte, dem empfehle ich den Online Ratgeber Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte des Umweltbundesamtes.

Du hast Anregungen zum Thema Was bringt Flugkompensation? Schreib mir einen Kommentar.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Marcel

    Ich beschäftige mich aktuell viel mit dem Thema Co2 Reduktion im Alltag und auf Reisen. Im Moment bin ich am meisten von Baumpflanzprojekten überzeugt. Selber reise ich wirklich viel pro Jahr und das auch noch Langstrecke. Somit gehöre ich defintiv zu den „Klimasündern“, wenn es nach gesellschaftlichem Konsens geht. Das auch, obwohl ich über solche Aufforstungsprojekte meinen C02 Ausstoß um das Mehrfache kompensiere (Ich bin durch die Spenden um ein vielfaches CO2 negativ). Vor lauter Kritik wird aber genau das vergessen was den Klimawandel ausmacht. Wir leben in einer globalisierten Welt und haben ein globales Problem, das jeden betrifft. Somit ist es falsch, wenn man Aufforstung in 3 Welt Ländern, die über Kompensation finanziert, als Greenwashing abgestempelt wird. Nur weil eine Lösung günstig und einfach ist, heißt es doch nicht gleich, dass es schlecht ist? Oft über 90 Porzent Überlebensrate, schnelles Wachstum in Tropen (im Schnitt 15 kg CO2 pro Jahr pro Baum ab dem 4 Lebensjahr), sinnvolle Arbeitsplätze in diesen Ländern, Wiederherstellung von Biodiversität, Rohstoffe für zukünftige Generationen etc. Klar ist das Potenzial begrenzt, aber in Baum ist ganz doch klar ein längerfristiger CO2 Speicher. Das auch wenn er in Afrika wächst und von fremden Menschen für mich gepflanzt wird! Dazu kommt, dass wir nicht wissen, was es in 10 Jahren an Technologie gibt. Seien es Wasserstoffflugzeuge, E-/Bio Fuels oder elektrisches Fliegen auf Kurzstecke. Prinzipiell auf das Fliegen zu verzichten als einzige Lösung ist somit einfach falsch. VG Marcel

    1. Sonja

      Hallo Marcel,

      es ist immer besser, CO2-Emissionen zu kompensieren, statt sie gar nicht auszugleichen. Dabei kann jede/r wählen, in welches Projekt sein/ihr Geld fließen soll.

      Da es die Technologien, von denen du sprichst, heute noch nicht gibt, ist das Vermeiden und Reduzieren der Emissionen natürlich immer besser als eine Ausgleichszahlung.

      Schau dir mal meinen neuen Beitrag Nachhaltige Alternativen zum Roadtrip an, sicher findest du dort eine nachhaltigere Alternative zum Fliegen.

      Viele Grüße

      Sonja